Digitale Transformation ist eine riesige Aufgabe. Aber wer kümmert sich darum? Junge Mitarbeiter, weil die mit dem Handy groß geworden sind? Oder die IT, weil sie schon seit Jahrzehnten mit Computern arbeitet? Weder noch – Digital ist Chefsache!
Die digitale Transformation eines Unternehmens verändert alles: Arbeitsabläufe, Geschäftsmodelle, die Struktur des Unternehmens. Betroffen sind deswegen alle Mitarbeiter, vom Service bis zur Buchhaltung. Damit das klappt, muss der Chef ganz vorne dabei sein. Denn nur wenn alle an einem Strang ziehen, wird die Organisation langfristig erfolgreich. Wie das geht, erklärt der Experte für Digitale Transformation Ömer Atiker in diesem Video:
Wer treibt das Digitale voran? Weder Jugend noch IT
Natürlich liegt es nahe, jemanden zu nehmen, der mit dem Thema vertraut ist. Die Jugend ist Smartphones gewohnt und Computer werden von der IT betreut. Aber nicht jeder, der ein Auto fährt kann es auch reparieren – ich auf jeden Fall nicht. Und ein neues Auto bauen kann ich erst recht nicht. Ebenso wenig kann ein versierter Handy-Nutzer selbst Apps schreiben oder eine e-Commerce-Strategie entwickeln.
Die IT hat vor allem den Job, die Systeme am Laufen zu halten. Wenn da etwas schief geht ist der Ärger groß, deswegen ist das Mantra der IT auch „never change a running system“. Nur ist da dann wenig Platz für Neues. Und Sie wollen auch gar nicht, dass Ihre Kunden in Zukunft ein System nutzen müssen, das sich die Programmierer ausgedacht haben.
Keine Silos: Digitalisierung geht alle an
Moderne Geschäftsmodelle leben davon, dass Sie alle Punkte verbessern, an denen Ihr Kunde mit Ihnen in Kontakt kommt. Es reicht nicht, ein schickes Produkt zu haben, den Kunden dann aber bei der Installation, im Service oder bei der Abrechnung in den Wahnsinn zu treiben. Das bedeutet, dass sich von der Konstruktion bis zur Buchhaltung alle Mitarbeiter um das Kundenerlebnis (die User Experience oder kurz UX) kümmern müssen.
Es gewinnt nicht das Unternehmen mit der einen tollen Idee, sondern dasjenige mit hundert kleinen Verbesserungen, die man in der Umsetzung besser macht als der Rest. Also brauchen wir die Hilfe und den Input aller unserer Mitarbeiter.
Digitalisierung erfordert eine neue Kultur. Und Kultur ist immer Chefsache.
Das ist, zugegeben, gar nicht leicht. Aber nur wenn Sie Ihre Kultur verändern, schaffen Sie auch nachhaltigen Wandel. Alles andere bleibt ohne langfristige Folgen. Dass „Kultur die Strategie zum Frühstück isst“ wusste schon Peter Drucker. Das Setzen großer Ziele, das Erklären, Begleiten und Umsetzen von Veränderungen sind grundlegende Aufgaben der Führung.
Dieter Zetsche macht es vor: Digitalisierung gelingt nur, wenn die Führung mit guten Beispiel vorangeht. Der Vorstandsvorsitzende von Daimler und Chef von 285.000 Mitarbeitern hat sich wie kaum ein Konzernlenker sehr sichtbar gemacht und persönlich die Führungsrolle übernommen. Und der Erfolg gibt ihm recht.
Auch Chefsache: Glaubhaft bleiben in einer wechselhaften Zeit
Sie wissen, wo Sie hinwollen, was jetzt der richtige nächste Schritt ist. Aber sind Sie sich Ihrer Sache wirklich sicher? Heute ändert sich alles so schnell. Was heute richtig ist, kann morgen unwichtig und übermorgen falsch sein. Wie behalten Sie als Führungskraft Ihre Glaubwürdigkeit, wenn Sie sich so oft anpassen müssen?
Ganz einfach: Indem Sie mit dieser Unsicherheit offen umgehen. Sie müssen gar nicht alle Antworten haben. Wie die Zukunft im Einzelnen aussehen wird wissen weder Sie noch (Erleichterung!) die Anderen. Insofern ist die Unsicherheit für alle gleich.
Und neue Arbeitsformen im digitalen Zeitalter bedeuten unter anderem, dass Sie viele Antworten „unten“ in der Hierarchie finden, dort wo Kollegen und Kunden direkten Kontakt haben und neue Lösungen finden. Was Ihre Menschen aber zu Recht erwarten ist Führung: Hier stehen wir, dort wollen wir hin und diesen Weg nehmen wir. Und Sie brauchen ein klares Warum. Nur dann verstehen Ihre Mitarbeiter, warum sie sich jetzt bewegen müssen, obwohl doch gerade alles so gut läuft.
Der CEO als Vorbild
Das klappt nur, wenn die Führung mit gutem Beispiel vorangeht. Ich denke nicht, dass jeder CEO einen Twitter-Account braucht. Aber wer sich seine E-Mails noch von der Sekretärin ausdrucken lässt, wird kaum glaubhaft von Digitalisierung sprechen können. Er weiß nämlich gar nicht, wie sich das anfühlt.
Ein letzter, ganz wesentlicher Aspekt ist auch, dass den Worten Taten folgen müssen. Wer das Neue will, muss dem Neuen Raum geben: Prozesse entschlacken, schneller werden und vor allem auch zulassen, dass das Lernen nicht direkt die Rendite steigert. Wer neues fordert, aber Erfolg nach alten Kennzahlen belohnt, missachtet seine Mitarbeiter – und wird die besten davon sehr schnell verlieren.
Also: Seien Sie geschmeidig, zeigen Sie, was geht, worum es geht und warum der Weg wichtig ist. Und gehen Sie den Weg gemeinsam.
Wollen Sie eine erfolgreiche digitale Transformation? Dann machen Sie die Digitalisierung zur Chefsache!
Best of Web
Wie der Mittelstand am Kunden vorbei digitalisiert
Auch der Mittelstand hat verstanden, dass er langfristig um die Digitalisierung nicht herumkommt. Das Problem: Viele wissen nicht, wie sie damit am besten beginnen, es fehlen Konzepte, die beim Kunden erfolgreich sind.
Eine Studie der Unternehmensberatung Vivaldi Partners belegt: Viele legen ihre Priorität auf Prozesse und Optimierung, aber nicht auf einen umfassend verbesserten Kundenkontakt. Ein gravierender Fehler, den die Kunden nicht lange verzeihen. Wer hier nicht aktiv gestaltet wird in Zukunft abgehängt.
Eines zeichnet sich hier klar ab: Digitale Orientierungslosigkeit in der Chefetage. Dabei muss gerade der Chef den digitalen Ton angeben und seine Firma in die Zukunft führen.
(Was dabei immer hilft: Konstruktive Beratung und Begleitung. Oder zum Start einfach mal ein gutes Buch zum Thema Digitalisierung.)
Perfektionismus – ein Zeichen von Unsicherheit mit schwerwiegenden Folgen
Ja, der Chef muss Führungsstärke beweisen und sein Team in die digitale Zukunft führen. Aber er muss auch damit zurechtkommen, dass er keine Kristallkugel hat. Die Zukunft ist nun mal ungewiss. Übertriebener Perfektionismus führt dabei zur Lähmung. Während andere Firmen mittelmäßige Produkte auf den Markt werfen und dann schnell mit den Kunden verbessern, bleiben deutsche Ingenieure gerne im Kämmerlein um das perfekte Produkt zu schaffen – das am Ende keiner mehr will.
Matthias Kolbusa stellt sehr erhellend dar, warum man aufhören sollte, sobald etwas „gut genug“ ist. Das gilt für Präsentationen genauso wie für aufwendige Analysen (deren Ergebnis man meist vorher schon ungefähr kennt) und vor allem für viel zu detaillierte Pläne. Der zusätzliche Zeit- und Energie-Aufwand, um die Lücke zwischen „okay“ und „perfekt“ zu schließen, rechtfertigt einfach nicht das Ergebnis. Stattdessen plädiert er für: Einfach mal machen! Haben Sie Mut zur Unschärfe und Unsicherheit.
Nun, dem kann ich mich nur voll und ganz anschließen!
Bitkom-Studie: Das Handwerk wird digital
Und noch eine Studie: Das deutsche Handwerk nutzt zunehmend digitale Technologien! Die eigene Website ist selbst für den Schreiner von nebenan mittlerweile eine Selbstverständlichkeit. Zum Glück hört es da inzwischen aber auch nicht auf.
Arbeitsabläufe und Bestellvorgänge werden digital gesteuert und sparen bares Geld. CRM Systeme und Online Marketing helfen bei der gezielten Kundenansprache. Und auf der Baustelle sind WhatsApp Gruppen längst eine Selbstverständlichkeit.
Dennoch ist noch lange nicht alles rosig – viele Handwerksbetriebe melden Schwierigkeiten bei der Konzeption und Umsetzung einer digitalen Strategie an und wünschen sich externe Unterstützung. Wahrscheinlich treten viele von ihnen in die Falle, die im ersten Artikel genannt wurde: Am Kunden vorbei!