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Unternehmen müssen innovativ werden, um bei der Digitalisierung mitzuhalten. Das ist nichts Neues. Aber viele Firmen scheitern an der Umsetzung – ihre auf Zahlen und Umsätze fixierte Unternehmenskultur bremst innovatives Denken und kreative Lösungen aus.

Digitalisierungs-Experte Ömer Atiker sagt, was Unternehmen ändern müssen um Innovationsgeist bei ihren Mitarbeitern zu fördern – und wie das nicht auf Kosten von Leistung und Produktivität geht.

Das Neue braucht Zeit und Raum

Sie haben erkannt, dass Sie an der Digitalisierung nicht vorbeikommen. Aber es ist nicht genug, Ihren Mitarbeitern nun aufzutragen: „Seid kreativ und findet innovative Lösungen, mit der wir die Zukunft meistern!“ Denn „so nebenher“, zusätzlich zum Tagesgeschäft, wird Innovation schwerfallen. Man braucht Zeit, um sich über aktuelle Trends zu informieren, Strategien zu erarbeiten und Lösungen zu finden. Statt vager Anweisungen räumen Sie Ihren Mitarbeitern lieber ein klares Zeitbudget ein, in dem sie sich diesen neuen Wegen widmen können. Geben Sie ihnen einen geschützten Raum, in dem sie hemmungslos denken und testen können, in dem sie Ideen finden und auch wieder verwerfen können.

Von der Unternehmenskultur zur Innovationskultur

Den Raum zu geben, ist ein Teil der Antwort. Der nächste ist, sich diesen Raum auch zu nehmen. Wer theoretisch zwar „darf“, als Mitarbeiter aber etwas ganz anderes „muss“, wer streng nach Kennzahlen und Zielerreichung bewertet wird, der wird nicht seinen Bonus riskieren, um kreativ zu werden. Sie müssen sehr klar definieren, was genau „Erfolg“ ist und dafür sorgen, dass Ihre Ziele und Vorgaben auch im Alltag tatsächlich zueinander passen.

Innovation ist nichts, das im stillen Kämmerlein entsteht. Im Gegenteil, vieles davon benötigt den Austausch mit anderen. Aber haben Ihre Mitarbeiter überhaupt die Möglichkeit, Kollegen aus anderen Abteilungen oder Bereichen anzusprechen? Wer auf Fragen bereitwillig Antwort bekommt, der vernetzt sich gerne. Aber wenn der Kollege ebenfalls unter Leistungsdruck steht, wird er wenig Lust und Gelegenheit haben, um an neuen Fragestellungen gerne und mit Einsatz mitzuarbeiten.

Oder er hat Zeit, will aber ein Wissen nicht teilen. Weil der andere aus einer anderen Abteilung kommt, weil das „nicht sein Bier“ ist, weil Techniker nicht mit Kaufleuten sprechen, weil ihm das Statusdenken verbietet, mit einem Rangniederen auf Augenhöhe zu sprechen. Weil Veränderung bisher immer Ärger bedeutet hat und er lieber da bleibt, wo er schon immer war.

Das sind lauter alte, unnötige Fehler. Sie können sie vermeiden, wenn Ihre Unternehmenskultur Innovationen (und deren Anforderungen, wie freiem Austausch) positiv gegenübersteht. Dann kommen Sie zur Innovationskultur – die übrigens das Arbeiten auch sehr viel angenehmer machen kann.

Muße ist nicht dasselbe wie Faulheit

Raum und Zeit zu geben bedeutet nicht, dass Sie Ihre Mitarbeiter ab jetzt für‘s Herumspielen oder Trödeln bezahlen. Es muss aber erlaubt sein, fundierte Recherche zu betreiben und offen auch an ungewöhnliche Problemlösungsstrategien heranzugehen. Ohne, dass der Kollege misstrauische Blicke erntet, weil er scheinbar „den ganzen Tag nur Zeitschriften liest, anstatt zu arbeiten“. Auch wenn der kreative Arbeitsplatz ein wenig unaufgeräumt aussieht, bedeutet das nicht, dass hier Chaos herrscht. (Oder wenn, dann nur ein bisschen.)

Zur Clean Desk Policy äußerte sich schon Albert Einstein: „Wenn ein unaufgeräumter Schreibtisch Zeichen eines unaufgeräumten Geistes ist – was bedeutet dann ein leerer Schreibtisch?“ Natürlich ist nicht jeder Chaot ein Genie, aber eine etwas entspanntere Haltung scheint in vielen Fällen zu helfen, kreativ zu werden. An anderer Stelle ist Ordnung ja weiterhin notwendig und erwünscht.

Raum zu haben bedeutet auch, dass mutige Projekte nicht durch die Angst vorm Scheitern verhindert werden. Und auch hier ist Kultur der Schlüssel: Wenn mal etwas nicht klappt (was bei Versuchen ganz normal ist), dann möchte der Verantwortliche nicht mit Spott und Häme übergossen werden Sprüche wie „ich hab es ja gleich gewusst!“ sind der Tod jeder Innovation. So etwas braucht kein Mensch.

Ob Sie die Innovation zunächst In-House starten, oder ein eigenes Start-Up dafür gründen sollten, berichte ich Ihnen hier: Digitale Innovation richtig organisieren.

Innovationskultur hat Ziele: Beschleunigen im richtigen Moment

Der Wechsel zwischen Anspannung und Entspannung, zwischen kreativem Spielen und zielgerichtetem Umsetzen, ist nicht ganz einfach. Einerseits muss man Gelegenheit haben, ohne Erfolgsdruck einfach frei denken zu können. Andererseits ist Tempo ein wesentlicher Wirtschaftsfaktor. Wenn man weiß, wie ein sinnvoller nächster Schritt aussieht, dann sollte man ihn auch so schnell wie möglich gehen. Diesen Tempowechsel zu managen, bei sich selbst und im Team, ist schon etwas für Fortgeschrittene.

Und wenn der Weg klar ist, darf man keine Zeit mit Perfektionismus verschwenden. Erstellen Sie innerhalb kürzester Zeit und mit möglichst geringem Aufwand einen Prototypen, das „Minimum Viable Product“, und bringen Sie ihn auf die Straße. Nur so können Sie wirklich herausfinden, ob das Konzept hält, was es verspricht, was man noch daran anpassen sollte, oder ob man die Idee ganz verwerfen muss. Wie Ihnen Ihre Kunden dabei helfen, Ihre Prototypen zu testen, erfahren Sie hier.

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Rauf & Runter, Rein & Raus: Die vier Dimensionen der Innovationskultur

3M positioniert sich (durchaus zu Recht) als eines der erfinderischsten Unternehmen, und das nicht nur dank der legendären Post-It-Klebezettel. Mitch Ditkoff, einer der Vordenker der Consulting-Branche, hat die erfolgreiche Innovationskultur auf vier griffige Statements heruntergebrochen. Innovation wird nur erfolgreich, wenn alle mitmachen: Der Chef, der die neue Unternehmenskultur einführt und vorlebt. Die Mitarbeiter, die mit ausreichend Freiraum versorgt werden um Ideen zu entwickeln, und deren Beiträge dann auch wertgeschätzt werden. Den Kunden und seine Bedürfnisse darf man dabei natürlich auch nicht vergessen und schließlich: Die Begeisterung, an etwas großartigem mitzuarbeiten. Klingt eigentlich ganz einfach.

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Eigeninitiative? Im Prinzip ja. Aber…

Verantwortung zu übernehmen und neue Ideen zu haben ist toll! Zumindest sagt man das so. Doch im Job das Selbstbewusstsein und den Mut zu haben, seine Ideen auch mit dem Chef und den Kollegen zu teilen, auch mal etwas durchzuboxen, weil man daran glaubt: Das ist schon hart.

Wir gehen in unseren Annahmen immer davon aus, dass alle Mitarbeiter sich dankbar und voller Enthusiasmus an neue Projekte wagen, wenn wir Ihnen nur sagen, dass Sie jetzt Initiative zeigen dürfen. Doch ganz so einfach ist es nicht. Dieser empfehlenswerte Abschnitt eines Management-Handbuches gibt Tipps, wie Sie Ihre Mitarbeiter dazu ermutigen, die Initiative zu ergreifen und welche Rahmenbedingungen es braucht.

Aber Vorsicht: Selbstbewusste Mitarbeiter mit einem eigenen Kopf und frischen Ideen können auch unbequem sein. Die Chefetage muss bereit dazu sein, Ratschläge von „unten“ auch anzunehmen oder ggf. begründet abzulehnen. Wenn das nicht funktioniert, wird Innovation im Keim erstickt und die Forderung nach Eigeninitiative bleibt eine hohle Phrase.

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Mehr ist besser? Nicht wirklich. Warum mehr vom Alten oft ins Verderben führt

Ein wichtiger Erfolgsfaktor bei der Innovation ist es, zur richtigen Zeit am richtigen Ort zu sein. Die bekannten Verlierer der Digitalisierung (Wie Nokia, Quelle, Kodak und all die anderen Beispiele), haben den Wechsel verpasst, obwohl sie eigentlich alle notwendigen Ressourcen und Chancen hatten.

Warum? Die Fixierung auf vierteljährliche Berichte hat sie blind gemacht. Sie sahen die neuen Möglichkeiten zur Innovation und die Gefahren disruptiver Technologien nicht. Sie dachten nicht nur, besser als die Kunden zu wissen, was diese wollten. Sie haben sich auch nicht um die Einfälle bestehender Mitarbeiter gekümmert.

Anstatt neue Ideen zu entwickeln, haben sie bestehende Produkte und Prozesse so lange „ein bisschen besser“ gemacht, bis sie von den Neuen rechts überholt wurden. Ihre Fehler: Mutlosigkeit, Bequemlichkeit, Fixierung auf das Tagesgeschäft und schnelle Profite.

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Konzerne? Effizient, aber nicht innovativ

In dieses Horn stößt auch Marc Wagner von Detecon, der in einem Interview seine Studie zur Innovationskraft deutscher Konzerne vorstellt. Und die Ergebnisse sind schon etwas ernüchternd: Große Firmen sind darauf ausgelegt, immer effizienter zu werden – aber ihre Prozesse verhindern wesentliche Innovationen.

Nebenbei lernen Sie hier auch das Wort Ambidextrie kennen, das nichts mit Ambivalenz und Epilepsie zu tun hat, sondern etwa „Beidhändigkeit“ bedeutet. Hier ist damit gemeint, dass ein Unternehmen sowohl schnell als auch effizient sein muss – nur nicht gleichzeitig, sondern nebeneinander. Das ist das bekannte Gleichnis vom Öltanker und den Schnellbooten.

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